Wozu lokale Jugend-Geschichts-Projekte?

Liebe Jugendleiter_innen,

die Erforschung von Lokalgeschichte kann interessant und spannend sein. Eine ganze Palette an Themen bietet sich an. Dabei sollte eure Gruppe, sofern ihr nicht schon über ein Thema gestolpert seid, zunächst festlegen, in welcher Zeitepoche (Weimarer Republik, Nationalsozialismus, Nachkriegszeit, DDR, Wende,…) und worüber ihr forschen wollt (Erfindungen, Menschen, Sitten und Bräuche, Denkmäler,…).

Viele Geschichten warten darauf, von euch aufgespürt zu werden. Das Besondere an eurem Projekt ist es, dass ihr euch mit der Geschichte bei euch vor Ort beschäftigt. Das bedeutet: ihr erforscht Geschichte, die wahrscheinlich in noch keinem Buch steht und von noch keiner/m Historiker_in untersucht wurde; das euch niemand sagen kann, wie die Geschichte „wirklich“ war und das ihr die Geschichte aus eurem Blickwinkel, mit euren Fragestellungen untersucht. Ihr seid die Geschichtenschreiber_innen!

„Immer hat Geschichte zwei Komponenten: das, was geschehen ist, und den, der das Geschehene von seinem Ort in der Zeit sieht und zu verstehen sucht. Nicht nur korrigieren neue sachliche Erkenntnisse die alten; der Erkennende selber wandelt sich. Sie schwankt im Lichte neuer Erfahrungen und Fragestellungen.“ (Golo Mann)

Unsere Methodensammlung richtet sich an Jugendgruppenleiter_innen und Sozialarbeiter_innen, die vor Ort mit einer Jugendgruppe über einen längeren Zeitraum arbeiten wollen und stellt einige Methoden der Jugendgeschichtsarbeit als Anregung vor.

Ein paar Prinzipien vorweg

Denn unser Ansatz verbindet die Jugendarbeit mit der historischen Bildung, daher

gelten die Merkmale der Jugendarbeit:

  • Freiwilligkeit der Teilnahme und der Beteiligung
  • Lebenswelt- und Alltagsorientierung: Anknüpfen an den Interessen und Bedürfnissen von Kindern und Jugendlichen
  • Ergebnis und Prozessoffenheit
  • Weitreichende Partizipationsmöglichkeiten: Selbstorganisation, Mit- und Selbstbestimmung sowie Mitgestaltung des Lernprozesses
  • Gruppenorientierung
  • Vielfalt der Inhalte, Methoden und Arbeitsformen
  • Vielfalt der Organisationen und Träger.

auch bei der Umsetzung lokaler Jugendgeschichtsprojekte.

Außerdem tragen Jugendgruppenleiter_innen, die mit ihrer Gruppe lokale Geschichte erforschen tragen eine große Verantwortung, derer sie sich bewusst sein sollten. Denn, wer Geschichte mit Jugendlichen erforscht

  • ist dafür verantwortlich, dass diese nicht zum Märchen wird.
  • kann dies immer nur Ausschnitthaft tun, da Geschichte an sich viel zu komplex ist.
  • muss die Verbindung/den Rahmen zwischen der Geschichte vor Ort und der übergeordneten Geschichte suchen – man spricht von der Kontextualisierung von Geschichte
  • sollte versuchen, das Thema aus möglichst vielen Perspektiven zu betrachten
  • sollte überlegen, was euer Thema mit dem Heute und der Zukunft zu tun haben könnte
  • sollte sich dessen Bewusst sein, dass es unterschiedliche Betrachtungen und Meinungen auf das Thema geben kann. Diese Kontroversen sollten zur Sprache kommen und diskutiert werden.
  • sollte den Teilnehmenden nicht seine Meinung aufzwingen, sondern diese in die Lage versetzten, sich durch die Auseinandersetzung mit dem Thema eine eigene Meinung bilden zu können. Man nennt dieses Prinzip Überwältigungsverbot oder auch Indoktrinationsverbot.

Das hört sich nach einer ganz schön großen Aufgabe an, aber glaubt den vielen, vielen Projekten die sich diesen Aufgaben gestellt haben. Ihr und eure Jugendlichen werdet viel Spaß haben, ungewohnte Wege beschreiten und so, so viel Neues lernen.

 

Foto: sah-photo